Vor knapp vier Wochen sind wir in Kuala-Lumpur gelandet, um Familie Asmuth und den langjährigen Freund Dirk in die Arme zu schließen und mit ihnen gemeinsam die malaysische Halbinsel zu bereisen. Drei Wochen Freundes- und Familienurlaub mit David, Dani, Dirk und dem kleinen Erik. Reisen mit Freunden. Nach den Monaten in trauter Zweisamkeit freuen wir uns auf die Gesichter aus der Heimat. Die Kölner haben unsere ersten Stationen (Kuala-Lumpur - Cameron Highlands - Georgetown - Langkawi) bereits vorab fix gemacht, Bustickets und Unterkünfte gebucht; danach steht noch offen, wie wir die verbleibenden zehn Tage gestalten werden. Verschiedene Ideen schweben durch die Köpfe - wir wollen gemeinsam entscheiden.
Bereits in den Cameron Highlands wird uns (mal wieder - und in Gruppe noch einmal deutlich mehr) bewusst, dass es doch am unkompliziertesten und schönsten ist, wenn wir unsere eigenen zwei oder vier Räder für die Fortbewegung haben. Kuala-Lumpur hat sich mit Metro und Bus recht gut erschließen lassen, für die Fahrt zum Busterminal (TBS), welcher sich südlich des Stadtzentrums in rund 13 km Entfernung befindet, haben wir uns ein großes Fahrzeug über Uber* geordert. Die sechs Bustickets gen Highlands hatte David bereits online gekauft, ebenso die Bustickets nach Georgetown. Von dort bringt uns eine Schnellfähre innerhalb von drei lauten, stinkigen Stunden in den Hafen von Langkawi. Auch auf Langkawi ist ein eigenes Fortbewegungsmittel Gold wert: Manu und Anja mieten direkt ab Fähranleger einen Roller, die Kölner fahren mit Taxi und Gepäck zur Unterkunft und mieten dort zwei weitere Roller für den Zeitraum unseres Aufenthaltes. So reift die Idee recht schnell, der Abhängigkeit von Bussen, Taxen und Rollervermietern Adieu zu sagen (abgesehen davon, dass wir unsere nächsten Ziele nur eingeschränkt mit Bus/Bahn erreichen könnten) und ein Auto zu mieten. Es wird getüftelt, recherchiert und gerätselt: Welches Modell ist das Passende für uns? Groß genug soll es sein, um sechs Personen zu transportieren - nicht aber unverhältnismäßg teuer. Dem Internet sei Dank ist ein passender Gefährte mit ein wenig Geduld gefunden: Ein Toyota Fortuner von Europcar soll es werden. Abholstation ist der Flughafen in Georgetown, zurückgegeben wird das Auto am 09.03. (Rückreisetag der Kölner) am Flughafen in Kuala-Lumpur).
*Uber ... Taxi auf privater Basis / Vorteil: deutlich günstiger als offizielle Taxen, keine Preisverhandlung notwendig, Fahrer können über App zum eigenen Standort bestellt werden, Navigation über App und vorgegebene Route - man ist nicht auf die Ortskenntnisse und die Gunst des Fahrers angewiesen, um am gewünschten Ziel anzukommen / Nachteil: Mit 5 Erwachsenen, 1 Kind und Gepäck reizen wir auch beim größten Uber-Wagen die Kapazitätsgrenze voll aus - der Fahrer legt zurecht die Stirn in Falten, als er uns und unseren großen Haufen Rucksäcke, Beutel und den Buggy sieht.
Mit dem Auto genießen wir unsere Unabhängigkeit: Abfahren, wenn alle fertig sind; anhalten, wenn lohnende Fotostopps am Wegesrand liegen, Pausen benötigt werden, der Hunger die Mägen grummeln lässt oder sich Kaffeedurst beim Fahrer und den Mitreisenden breit macht.
Mit der Entscheidung, ein Auto zu mieten, formt sich auch die Route: Richtung Ostküste soll es gehen, auf eine Insel und zum Abschluss noch in den Regenwald. Wir steuern klassische Ziele für Malaysia-Reisende (Taman Negara Nationalpark und Pulau Kapas) an, erleben jedoch auch eine Perspektive des Landes, welches den mit ÖPNV-Reisenden Backpackern vermutlich eher vorenthalten wird: Das Leben in touristisch nicht erschlossenen Kleinstädten; an Stränden, in denen noch die Fischer die Oberhand haben und in kleinen Imbissen, an der Straße, wo die Köche und Betreiber uns mit herzlichem Lächeln empfangen - sich unsere Kommunikation aufgrund der Sprachbarriere jedoch auf ein Zeigen und mit Händen artikulieren beschränkt. Malaysia abseits der klassischen Ziele zu bereisen, war für uns eine sehr schöne Erfahrung, die wir zumindest ansatzweise mit euch teilen möchten und - solltet es euch mal auf die malaysische Halbinsel verschlagen - auch weiterempfehlen können (insofern ihr es ruhig und beschaulich mögt).
Unser malaysischer Roadtrip von Georgetown nach Kuala-Lumpur
ca. 1500 km / 10 Tage
Georgetown - Gerik (ausgewählt wg. Übernachtung) - Pulau Banding Rainforest Research Center - Ostküste - Kuala
Terrangganu (2 Übernachtungen) - Marang (Ausgangsort für Fährfahrt nach Pulau Kapas , 2 Übernachtungen ) - Kemasik (Flussmündung) -
Cherating - Kampung Gebeng (Übernachtung) - Jerantut - Kuala Tahan (Taman Negara Nationalpark, 3 Übernachtungen) - Jerantut - Kuala Lumpur
Highlights auf der Tour (letztendlich auch ausschlaggebend für die Route) waren unsere Inseltage auf Pulau Kapas und die Zeit im Regenwald, doch
die Strecke hat noch einiges mehr zu bieten:
Kleinstadt- und Familienleben in Gerik
Strategisch günstig gelegen, haben wir uns für eine Nacht in ein günstiges Appartement in Gerik eingebucht. Ein Reihenhaus in einem
relativ neu (teilweise noch im Entstehen inbegriffen) entdtandenen Wohnblock ist für eine Nacht unsere Bleibe. Ein Spielplatz vor der Tür lässt Eriks Augen leuchten und das kleine Herz höher
schlagen. Es dauert keine fünf Minuten und da ist der kleine Mann mit einem Ball unterwegs zu seinen neuen, kleinen Freunden. Wir "Erwachsenen" werden (vor dem Haus sitzend und Kaffee schlürfend)
von den Nachbarn irritiert beäugt. Es scheint nicht so häufig vorzukommen, dass sich ausländische Gäste hierhin "verirren".
Pulau Banding Rainforest Research Centre
Unscheinbar neben der Straße liegt das kleine Forschungszentrum, welches über die Flora und Fauna des Regenwaldes der malaysischen
Halbinsel informiert. Ein junger Mann erklärt uns, dass der stete Kampf gegen die illegale Abholzung und Umnutzung der Flächen (Kautschuk- und Palmölplantagen haben bereits großen Flächen des
Regenwaldes verdrängt) endlos erscheint. Man buhlt um die Gunst der Königsfamilie. Haben sich die Umweltschützer diese erst einmal gesichert, könnte das im Norden an den Taman Negara
Nationalpark angrenzende Waldgebiet ebenfalls unter Naturschutz gestellt werden. Von Budi, der sich mit Herzblut dafür einsetzt, sich aber auch für unsere Herkunft interessiert, erfahren wir,
dass die Familie in Malaysia einen unglaublich großen Stellenwert genießt. Jung werden Gemeinschaften fürs Leben geschlossen und Kinder zur Welt gebracht. Mit seinen 34 Jahren hat er bereits drei
Töchter und ein viertes Kind ist auf dem Weg. Reisen würde er auch gerne - die Möglichkeit ergibt sich vielleicht mal, wenn die Kinder aus dem Haus sind.
Fahrt von Gerik zur Ostküste
Kautschukplantagen und Regenwald soweit das Auge reicht. Durch die Berge geht es über bis zu 1000 Meter hohe Pässe gen Ostküste. Wir genießen
die Ausblicke auf den unzugänglichen Regenwald, lauschen der unglaublichen Geräuschkulisse und den Konzerten von Zikaden und Co. und schmunzeln über die Verkehrschilder: Achtung Elefanten! Unser
Wunsch, mal einen von diesem Dickhäutern am Straßenrand zu sehen, wird nicht erfüllt, dafür bremsen wir das eine oder andere mal für freche Affen, die auch den Leitplanken lungern.
Kuala Terrengganu
Bevor wir nach Pulau Kapas übersetzen, übernachten wir zwei Nächte in Kuala Terrengganu.
Strände an der Ostküste
Unverbaut, lang, einsam und ursprünglich haben wir die Sandstrände und das Leben an der Ostküste empfunden. Wer um die hochgelobten Perhentian Islands einen Bogen macht, trifft auf wenig
touristische Infrastruktur. Die Bebauung ist niedrig, die Malayen leben in kleinen Holzhäusern. An den Stränden liegen bunte Fischerboote und Strandgut (leider entdecken wir den Korpus einer
toten Schildkröte). Es gibt einfache Strandlokale, in denen wie zum Beispiel in Kemapsik zu Spottpreisen frischer Fisch, Seafood-, Reis- und Nudelgerichte sowie Suppen serviert werden.
Italienische Kaffeemaschinen sucht man vergebens. Wenn es mal einen Kaffee gibt, dann ist es ein dicker Nescafe mit süßer Kondensmilch. Wir genießen die Ausblicke aufs Meer und den Horizont,
machen die eine oder andere Pause während der Tour und erfreuen uns an den großen Schaukeln und der frischen Meeresbrise, die die tropische Hitze ein wenig erträglicher werden lässt.
Cherating / Kampung Gebeng
Im Kampung Gebeng übernachten wir (wie in Gerik - wegen der strategisch guten Lage ausgewählt) in einem kleinen Homestay bei einer Familie - keine
300 Meter vom Strand entfernt. Somit unterteilen wir die recht lange Fahrtstrecke von Marang bis nach Kuala Tahan in zwei Etappen und "gewinnen" einen Badenachmittag am Strand: In Cherating
planschen wir im flachen Wasser am breiten Sandstrand. Mit wenig Strömung und nur kleinen Wellen lassen wir uns lange im seichten Salzwasser treiben. Unsere Gedanken kreisen um die Frage, wie und
wo wir im Laufe diesen Jahres wohnen werden. Wir träumen von einem kleinen Häuschen im Grünen - in Wassernähe und mit Garten. Aus Holz, bunt und mit Garten. In tropischen Gewässern bauen wir
Luftschlösser. Abendessen gibt es in einem chinesischen Restaurant mit Holzveranda. Für 3,50 Euro gönnen wir uns eine Flasche kühles Bier zum in Soja gebratenen Gemüse mit Reis. Alkohol ist in
Malaysia (abgesehen vom zollfreien Langkawi) unverhältnismäßig teuer, doch ab und zu ist ein Abwechslung zu Wasser, Tee und Instant-Kaffee einfach den hohen Preis wert.
Fahrt in den Taman Negara
Nationalpark
Ohne Auto wäre es um einiges zeitaufwendiger gewesen, den Nationalpark zu erreichen (per Bus durchaus möglich). Wir fahren die Strecke von Kampung Gebeng - Kuala Tahan bzw. Kuala Tahan -
Kuala-Lumpur in jeweils einem Ritt ohne Besichtigungen am Wegesrand (vom Mittag in Jerantut mal abgesehen). Vor Ort (=einmal in Kuala Tahan angekommen), haben wir das Auto nicht bewegt. Für alle
Aktivitäten im Nationalpark wird der Fluss per Fähre überquert und dann geht es zu Fuß oder per Boot weiter.
In den drei Wochen Familien- und Freundesurlaub haben wir an insgesamt neun unterschiedlichen Orten (zwischen 1 und 4 Nächten) geschlafen. Ortswechsel ermöglichen viele Eindrücke, sind aber auf Dauer auch anstrengend: Ein stetes neues Orientieren und "Eingewöhnen" ist notwendig. Wir haben es genossen, auf Langkawi (vier Nächte) und auch in Kuala Tahan (drei Nächte) zu bleiben. Wenn sich Manu und Anja nach oder während eines Ausfluges gerne auch gerne mal ein Mittagsschläfchen gönnen, ist in kleiner "Reisegruppe" hingegen immer etwas los: Erik scheint endlos über Energie zu verfügen und kennt als noch 3,5-Jähriger keine Pausen (bzw, er nimmt sich seine Pausen, wenn sie von Nöten sind und schläft den Schlaf der Gerechten). Wir brauchen ein paar Tage, bis wir die Rhythmen, Gewohnheiten und Vorlieben der "anderen" kennen - lernen uns als Gruppe kennen uns gestalten gemeinsam. Unterschiedliche Interessen machen es unabdingbar, dass wir uns manchmal für ein paar Stunden trennen - immer, um später mit Freude wieder zusammenzutreffen und über das Erlebte zu berichten. Wir können das erste Mal in aller Ausführlichkeit über Erlebnisse der vergangenen Monate erzählen und genießen es, unter Freunden und gemeinsam unterwegs zu sein.
Manchmal werden wir ein wenig ungeduldig - es geht zu langsam voran. Nein - lasst euch von dem Taxifahrer nicht übers Ohr hauen. Habt ihr Hunger? Wir wollen etwas vegetarisches Essen. Lass das Hühnerbein doch einfach mal weg (Dirk wird seit ein paar Tagen von Durchfall geplagt). Ich kann nicht mehr! (Erik ist am Ende seiner Kräfte). Ich kann keinen Reis und keine Nudeln mehr sehen... gibt es nicht mal etwas "Richtiges"? (Dirk - auf der Suche nach westlicher Kost an der Ostküste ... vergeblich). Das ist zu spät für Erik. (Daniela mit dem Blick einer fürsorglichen Mutter) Ehrlich gesagt, ist uns das zu teuer. (Manu und Anja beim Blick aufs Budget) = Drei Wochen gemeinsam unterwegs sein, erfordert von allen Einfühlsamkeitvermögen, Geduld und auch Zugeständnisse ab. Zugeständnisse und Kompromisse, die im Vergleich zu der Zeit, die wir gemeinsam verbracht und den Erlebnissen, die wir gemeinsam erfahren durften, aber verschwindend gering sind.
WIr danken unseren Freunden Daniela, David, Dirk und Erik, dass sie sich auf den langen Weg gemacht, ihren dreiwöchigen Urlaub mit uns verbracht und (zumindest für Manu) auch ein Stück
alte Heimat mit in die Welt hinaus gebracht haben.
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