· 

Nach der Reise ist vor der Reise - zwischen Wiedersehensfreuden, Glücksmomenten und ständig auf Achse

Fast zwei Monate haben unsere Räder nun nahezu unbewegt ihr Dasein in der Garage gefristet - mit dem letzten erklommenen Hügel, der Burg in Waldeck, Manus Heimatstädtchen am Edersee, ist unsere Reise (vorerst) zu Ende gegangen. Wir haben uns schweißgebadet und mit Tränen in den Augen dankbar in den Armen gelegen. Wir haben es tatsächlich geschafft und mit den letzten Reisekilometern (knapp 3.000 Kilometer im Sattel) auf europäischem Boden die Distanz zwischen unserem vagabundischen Leben und den Lieben jeden Tag aufs Neue ein Stückchen kleiner werden lassen. Ein überwiegend gutes Gefühl. Nach einem Dreiviertel Jahr auf Reisen freuen wir uns auf die Menschen, die uns vor uns während unserer Reise begleitet haben. Bekanntschaften und Begegnungen auf Reisen sind das Eine; Freunde in die Arme zu schließen und vis-a-vis zu plaudern etwas Anderes. Wir freuen uns auf die Familienhäuser und Heimatorte. Auf die in Blüten stehenden Gärten und das nach und nach reif werdende Obst. Auf Gewohntes und Bekanntes. Darauf, uns nicht jeden Tag ständig aufs Neue orientieren und etwas suchen zu müssen. Zu wissen, wohin welche Straße führt, an welcher Kreuzung wir abbiegen müssen, um zu unserer Lieblingseisdiele zu kommen. Und wo der nächste Supermarkt ist. Einfach da(sein) zu können und langsam wieder anzukommen. Könnt ihr denn überhaupt noch in einem richtigen Bett in einem Haus schlafen? Das fragte uns Manus Mama mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht, als wir uns aus unseren Radlerhosen schälten und unsere Taschen hinauf ins kleine Zimmer mit den schrägen, mit Holzpaneelen vertäfelte Zimmer trugen. Ja, das können wir. ;-)

Wir genießen die Zeit mit unseren Familien, essen üppig und reichlich, feiern Geburtstage und stürzen uns bereits wenige Tage nach Ankunft in ein neues Projekt, mit welchem wir schon lange liebäugeln, nun aber durch den Kauf eines betagten Peugeot Boxers tatsächlich ernsthaft Fahrt aufnimmt: Der Ausbau eines Kastenwagens zum kleinen Wohnmobil. Klingt nach Arbeit? War es auch. Mehr Arbeit und deutlich zeitaufwändiger als wir es uns vorgestellt haben. Auf kleinem Platz so sinnvoll wie möglich konstruieren, sodass möglichst alle Ecken gut genutzt sind? Dieser Anspruch gleicht einem Puzzle- und Geduldsspiel.

Mit dem Kauf des Autos "schützen" wir uns davor, in eine Loch zu fallen. Wir geben uns eine Aufgabe. Eine Aufgabe, bei der Ergebnisse sichtbar werden und die uns vor allem geistig fordert. Anja, die in ihrem Leben noch nicht so viel gehanderkelt hat und Manu, der mit ungeahnt perfektionistischem Anspruch die Schrägen und Rundungen der kleinen Ladefläche auszugleichen versucht. Gemeinsam ein Auto auszubauen und zu handwerken, ist für uns eine neue Herausforderung, in die wir unsere Energie und Kraft fließen lassen. Mit dem Umbau erfüllen wir uns aber auch einen Wunsch, der uns während der vergangenen Monate begleitet hat: Unabhängig, autark und naturnah reisen.

Frühstück mit Freunden

Ihr seid also in Berlin in den Zug gestiegen ... und dann? Alex, Manus Freundin, die ebenfalls Geographie in Marburg studiert hat, möchte alles ganz genau wissen und lässt uns die gesamte Reise revue passieren. Heike & Giuseppe laden uns auf ein ausgiebiges Frühstück in ihren Garten ein. Visionen muss man haben. Und diese auch visualisieren. Dann werden die Wünsche zum rechten Zeitpunkt Wirklichkeit werden. Visionen und Ziele - Cindy hat in Hamburg vor kurzem nach Wochen des Schreibens, Zweifeln und In-Frage-Stellens ihre Masterarbeit eingereicht und wir erleben Hamburg von oben und bei hochsommerlichen Temperaturen. Bianca gibt uns hilfreiche Tipp in Sachen Arbeitsamt und philosophiert darüber, wie schön es ist, sich in Hannover angekommen zu fühlen.

Steffi & Andre, seit einem Jahr passionierte Gärtner, führen uns durch ihr kleines Paradies in Wolfenbüttel und mit Elli & Joachim teilen wir unsere Camper- und Reise-Liebe und freuen uns mit den beiden über das anstehende Ja-Wort. Das Ja-Wort haben sich auch Karin & Axel im Herbst letzten Jahres gegeben und wir stoßen mit den beiden auf ihr Glück an.

 

Glücksgefühle verspürt auch Nael, der sich auf seine Tochter freut, die nach mehreren Monaten im Ausland wieder nach Hause kommt. Wir erleben auch kleine Familien im Glück, halten die inzwischen schon sechs Monate alte Marit und die erst drei Wochen alte Antonia in den Armen und lesen mit dem agilen und fröhlichen Jannis Kinderbücher über das Leben auf dem Bauernhof. Bei Georg & Heidi und Benni & Juliane ist Nachwuchs zur Welt gekommen, Frede & Tobis kleiner Blondschopf erkundet seine Umgebung schon auf eigenen noch kurzen Beinen.

 

Mit Melanie & Thorsten probieren wir afghanisches Essen aus - es war okay, aber aufgrund der kulinarischen Erfahrung würde das Land nun nicht auf unseren zukünftigen Reiseroute liegen. Mit Weitblick auf der schönen Terrasse und mit kühlem Weißwein und Bier sitzen wir mit Nicole & Wolfgang zusammen und merken gar nicht, wie Stunde um Stunde vergeht, die wir mit den beiden Reise- und Lebenslustigen verbringen.

 

Auch das Wiedersehen mit den Kolleginnen aus Wolfenbüttel berührt Anja - ein schweres letztes Jahr liegt hinter Donata und ihr Schicksal zeigt wieder einmal deutlich, wie kostbar Leben ist und wie dankbar wir für unsere gerad sehr komfortable Lebenssituation sein dürfen. Björn, Anjas ehemaliger Chef, gibt viele Impulse und Ideen für die berufliche  Zukunft. Wird es uns wieder nach Niedersachsen verschlagen? Die Zeit wird es zeigen - uns wird klar, wie sehr wir Hannover und Wolfenbüttel als Lebensmittelpunkt zu schätzen gelernt haben.

Unsere Freunde David & Daniela in Köln hatten uns ja bereits in Malaysia besucht, der Tag im Freibad mit Erik war einfach nur schön und unkompliziert. Im intensiven Gespräch mit Katharina bespricht Manu berufliche und private Ziele und freut sich darüber, dass Veränderungen im Kopf beginnen und dann, wie von ihr, in der Tat mit voller Energie umgesetzt werden. Die Mühlen der Arbeitswelt nagten im letzten Jahr auch an Judith, umso schöner zu hören, dass sie eine klare Idee für die kommenden Jahre hat. Beim Pizzaessen mit der reisefreudigen Maria wird schnell klar, das ein Leben nach einer Weltreise nicht nur FriedeFreudeSonnenschein ist, sondern vor allem Gesundheit unser höchstes Gut ist, wenn man mit dem Reisefieber infiziert wurde.


Manu merkt, dass er viel mit Köln verbindet und es sehr genießt, mit einem Kölsch in der Hand abends durch die Straßen zu ziehen, Tischtennis mit Jana und Dirk zu spielen oder mit seiner Schwester + Thilo in einem der angesagten Burger-Läden es sich gut gehen lässt. Viele Erinnerungen an jede Straßenecke kommen hoch, aber auch gleichzeitig die Erkenntnis, dass das Rheinland zukünftig nicht mehr unseren Lebensmittelpunkt darstellen wird. Ein besonderes Erlebnis zum Schluss des Aufenthaltes am Rhein ist das Eis-Essen mit Maria, seiner ehemaligen Arbeitskollegin. Nicht nur, dass anscheinend Köln den Trend des "Hippen Eis-Ladens" nicht verschlafen hat, der dennoch gegen das authentische Eis in Italien nur schwer ankommt, nein, auch die Tatsache, dass die Zukunftspläne von Maria und Uwe sehr mit unseren harmonieren und Manu wieder feststellt, dass beide ebenfalls so CamperAusbau-Skandinavien-Meer-verrückt sind, wie wir. Das wird ein Fest.


Während des Nachmittags in Gießen kochen Merle und Juli stundenlang mit Sand und Blumen eine Suppe für Manu, die er stetig verköstigen darf und es wird erneut deutlich, wie wichtig Familie und Kinder doch irgendwann werden und wie wenig Materielles man doch für ein Glückliches Leben braucht - okay, zwei VW-Busse nennen Mareike und Jojo Ihr Eigen, aber das zählt nicht ...  ;-)

Wir merken in all den Begegnungen, dass uns die Gespräche unheimlich gut tun und wie dankbar wir für unsere Freundeskreise sein können. Wir freuen uns über die Fortschritte und Veränderungen, die geschehen sind und die anstehen. Kinder, Hochzeiten, Studienabschlüsse, Veränderungen beruflicher Natur. Es geht weiter. Jeder einzelne von uns ist während des vergangenen Jahres auf einer Reise gewesen und wird es auch weiterhin sein. Und auch wenn wir viel von unserer Reise in die Welt berichten und erzählen, so ist es umso schöner, auch die Entwicklungen im alt bekannten Umfeld zu sehen und daran teilhaben zu können.

 

Für all diejenigen, die wir bislang noch nicht (wieder)gesehen haben: Seht es uns nach. Wir haben feststellen müssen, dass es nach so langer Zeit des Nicht-Sehens immer viel zu erzählen gibt und für erste Wiedersehen immer mehr Zeit als gedacht gemeinsam verbracht wird, um sich danach nicht mit dem Gefühl zu verabschieden, dass man sich ja noch so viel mehr erzählen hätte können (was sich trotzdem oft breit macht). Hannover, Wolfenbüttel, Köln, Erfurt, Dresden, Hamburg - wir werden uns wiedersehen!

 

PS: Obwohl wir all die Einladungen der vergangenen Wochen sehr dankbar entgegen genommen haben, freuen wir uns dennoch auch darauf, euch künftig auch bei uns willkommen zu heißen. Es wird noch ein paar Monate dauern, bis wir unseren neuen Lebensmittelpunkt gefunden haben, aber wo auch immer dieser sein mag - wir werden euch genauso herzlich und mit offenen Armen empfangen, wie ihr uns.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0