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Berggeschichten vom Manaslu - Innehalten vor Traumkulisse - Tag 7 (Loh - Sama)

Manaslu-Panorama zum Sonnenuntergang und zum Sonnenaufgang. Der Achttausender zeigt sich  auch am heutigen Morgen in seiner vollen Pracht und Schönheit. Da lohnt sich das Aufstehen vor dem Sonnenaufgang, welcher den Gipfel nach und nach in ein warme, leuchtende Farben taucht. Du stehst ein Stück oberhalb von Lho an der großen Manimauer, bist froh über deine Handschuhe, hast die Kamera griffbereit und bist hin und weg von der den Licht- und Farbenspielen am Berg.

Ein paar Minuten wird es noch dauern, bis die Sonnenstrahlen auch dich erreichen. So atmest du hinein in die kalte, klare Luft und bist dankbar für diesen Moment. Als die ersten Sonnenstrahlen die um dich im Wind herum flatternden Gebetsfahnen berührt, bist du gerührt und glücklich. Was für ein Geschenk. In warmen Farben leuchten die Botschafter des guten Karma. Über den Häusern von Lho steigt Rauch auf - die ersten Feuer in den Küchen sind bereits entfacht. Ein Blick auf die Uhr - es ist kurz vor acht. Zeit für dich, zur Lodge zurückzukehren und zu frühstücken. Die Sonne scheint auf die kleine Veranda, sodass der Porridge am heutigen Morgen vis-a-vis mit Manaslu und Co. genossen werden kann... was für ein Start in den Tag!

Was so fantastisch begonnen hat, soll den glücklichen Wanderer auch begleiten. Die Bergsicht bleibt den ganzen Tag erhalten und die heute zu überwindenden Höhenmeter (immerhin 500) laufen sich langsam, aber stetig und in dieser Kulisse fast wie von allein. Naja - eben fast. Durch einen herbstlichen Wald windet sich der Weg kontinuierlich in die Höhe. Gut eine halbe Stunde vom Kloster entfernt, sind die jugendlichen Mönche heute fleißig am Arbeiten: Holz für die kalten Wintermonate wird geschlagen, gehackt und in großen Blöcken zum Kloster getragen. Emsig sind die Novizen am Werk. Auch im Hongs Sambu-Kloster, zu dem ihr vor der Mittagspause einen Abstecher macht, wird fleißig vorbereitet. In eine paar Tagen findet hier eine große Zeremonie statt und es werden viele Mönche zu Gast sein. Der Altarschmuck wird aus einem Butterteig geformt. Ein alter Herr erzählt deinem Guide, dass dieses Kloster weit über das Manaslu-Tal hinaus ein bekannter Pilgerort sei. Mönche, die es sich nicht ermöglichen können zum tibetischen heiligen Berg Kailash zu pilgern, kommen hier hin, um an ihrer Erleuchtung zu arbeiten. Ebenso wie im Kloster in Loh ist auch in dieser Gebetshalle ein Meister der Details zugange gewesen. Schau dich mit offenen Augen um. Erstaunlicherweise ist fotografieren erlaubt. Du zückst zurückhaltend die Kameras und machst ein paar Aufnahmen von den für dich fremden Motiven.

Das heutige Mittagessen wartet wieder mit einem Panorama aus Eis, Schnee und Gipfel auf. Es gibt Dhal Baht und gebratete Nudeln. Und Joghurt vom Yak zum Nachtisch. Was für ein Genuss. Eine Genuss ist es auch, nach der Pause weiter das Tal hinaufzuwandern. Du fühlst dich stark und voller Elan und bist auch ein bisschen aufgeregt. Die gelben Lärchen und Pinien leuchten golden im Sonnenlicht - mit dem blauen Himmel und den schneebedeckten Bergen fühlst du dich wie ein Teil eines Postkartenmotives. Bevor es durch einen weiten und offenen Talboden hinab nach Sama, das heutige Etappenziel geht, ist noch eine etwa 150 m lange Hängebrücke zu überqueren. Wow!

Sama (oder auch Samagaun) liegt zu Füßen des mächtigen Manaslu-Gipfels und seinem Gletschers auf der Nordseite. Das mittelalterlich anmutende Dorf mit seinen kleinen, zweistöckigen Steinhäusern ist urig und verwinkelt. Aus dem Kloster am Ortseingang erklingen dumpfe Trommelschläge. Du gibst den Gebetsmühlen, die den Weg säumen, Schwung. Die Bewohner sind von Sama sind geschäftig: Holz und Heu wird eingelagert, Holzfeuer in den Küchen entfacht, kleine Yakherden werden in ihre Pferche gebracht, Kinder spielen auf enem Baum ud auf den geplasterten Wegen, ein kleiner Wasserlauf säumt den Weg. Obwohl es erst gegen 15:00  Uhr ist, liegt das Dorf bereits im Schatten und die Temperaturen sinken rapide ab. Es wird wieder eine kalte Nacht. Hoffentlich gibt es in der Lodge genügend warme Decken! Zum ersten Mal während der Tour findet ihr nicht auf Anhieb eine Bleibe für die Nacht. Der Vorschlag deines Guides sagt dir nicht zu: Das Zimmerchen aus Waschbeton gleicht einer kleinen Zelle im Gefängnis, ist düster, feucht und kalt. In anderen Lodges sind bereits alle Zimmer belegt. In Sama bleiben die Trekker in der Regel  mindestens zwei Nächte, um sich in der dünnen Höhenluft zu akklimatisieren und sich für den Larke-Pass vorzubereiten. Wer suchet, der findet ... im letzten Gästehaus am Ortsaufgang ist noch ein Zimmer frei - sogar ein Holzzimmerchen. Auf den Betten liegen dicke Decken und es gibt ein Fenster. Hier werdet ihr für zwei Nächte bleiben.

Am Abend nach dem Essen ist es zur Routine geworden, mit deinem Guide die Route und den Plan für den nächsten Tag zu besprechen. Heute scheint etwas anders zu sein ... Der kleine Nepali bringt wie gewöhnlich zwei Tassen Tee, stellt diese ungeschickt auf dem Tisch ab und sucht nach Worten. Seine Augen sind flatterig und der sonst so ruhige und besonnene Mann wirkt unkonzentriert.  Im ersten Moment bist du ein bisschen besorgt, im nächsten wird dir klar, dass er zu tief in die Rumflasche geschaut hat. Er wird plauderig und erzählt dir neben den Plänen für den kommenden Tag (in Richtung Gletscher und Manaslu-Basecamp soll es gehen) auch, dass ein Freund aus Loh gefolgt ist, der in einer Lebenskrise zu stecken scheint. Gute Freunde halten zusammen und mit ein paar Schlucken Alkohol ist der Blick in die Zukunft gleich nicht mehr so schwarz. Dein Guide ist auch nur ein Mensch. Du hoffst, dass er am nächsten Morgen wieder fit ist und seinen Rausch ausgeschlafen hat.

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