· 

Berggeschichten vom Manaslu - Mulis haben immer Vorfahrt- Tag 2 (Lapubesi -Dobhan )

Bist du fit? Dann raus aus den Daunen und runter zum Frühstück. Ein neuer Wandertag steht an, der dich weiter hinauf in Richtung der schneebedeckten Berge bringen wird. Heute soll es noch einmal warm werden - kurze Hose und ein Jacke reichen zum Losgehen aus.  Gemächlich geht es los - Sprengarbeiten erfordern aber schon bald einen Umweg hinunter zum Fluss. Auf kleinen Pfaden geht es an üppigen Bananenstauden vorbei hinab, dann ein gutes Stück durch das steinige, an dieser Stelle recht breite Flussbett und später wieder hinauf. Nicht nur die Wanderer müssen diesen Umweg in Kauf nehmen - auch die unzähligen Mulikarawanen, die bepackt mit schwerer Ladung den gleichen Wegen folgen wie du. Störische und eigensinnige Mulis. Auf dem gleichen - oft nur schmalen und auch ausgesetzten Pfad - wie du. Lektion für heute: Mulis haben immer Vorfahrt. IMMER am Berg stehen, wenn Mulis entgegenkommen oder überholen. Eine geeignete Stelle zum Ausweichen ist im Idealfall rechtzeitig aufzusuchen, denn die Tiere folgen einfach ihrem Leithammel oder lassen sich von den jungen, Flip-Flops-tragenden Nepalis dazu antreiben, doch noch ein bisschen schneller zu gehen. Ob da eine Wandersmann oder -frau in ihrem Weg steht, interessiert die Vierbeiner wenig. Es gilt also, immer wachsam zu sein, denn heute sind viele, viele Karawanen unterwegs.

Als sich das Flussbett wieder weitet, ist endlich Zeit für eine Pause. In improvisierten Hütten kochen Frauen auf Holzfeuern Tee und Reis. Es ist erst später Vormittag - ein hartgekochtes Ei mit Salz ist ein willkommener Snack. Im Schatten sitzend beobachtest du die Einfachheit, mit der diese Hütten zusammengezimmert sind. Einfach und simpel sind auch die alten Hängebrücken aus Holz, die den Budi Gandaki queren. Was bist du froh, dass dies Relikte vergangener Zeiten sind! Die Hängebrücken aus Stahl sind um einige vertrauenserweckender. Jede neue Hängebrücke ist wieder ein Highlight.

Neben Mulis, Waaserbüffeln, Ziegen und Co. macht dein Guide(ein Indianer mit Adleraugen) dich auf die Meute wilder Makaken aufmerksam, die auf der gegenüberliegenden Flussseite von Stein zu Stein springen, tief hinabgebückt Wasser trinken und die hier in dieser üppigen, grünen und heilen Welt leben. Was für ein Gegensatz zu ihren Artgenossen, die in den nepalesischen Städten an Tempelanlagen leben und sich dort durch die Berge aus Plastikmüll und Essensresten wühlen. Es geht den Tieren wie den Menschen - nur ein Bruchteil kann Einfluss darauf nehmen, in welcher Umgebung er aufwächst. Wohl denen, die in eine heile Welt hineingeboren werden.

Das für heute anvisierte Etappenziel Tatopani, was soviel bedeutet wie "heiße Quellen" bedeutet, liegt tief im engen Tal eingekesselt. Es ist noch recht früh am Nachmittag. Hast du noch Kraft? Dann könnte es heute noch weitergehen bis in das kleine Dorf Dobhan, ca. 1.5 Stunden von hier. Ohne lang zu überlegen, stimmst du zu. Der relativ lange Wandertag wird mit einem kleinen Zimmerchen im Bungalow-Stil und einer kalte Dusche belohnt. Letztere weckt die Lebensgeister und wäscht den Schweiß ab. Du kannst ein bisschen stolz auf dich und deine heutige Leistung sein!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0