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Von Nashörnern und anderen Gefährten - auf Spurensuche im Chitwan Nationalpark

Nach unseren schönen Wochen in den Bergen, haben wir es sehr genossen, wieder im Warmen zu sein, draußen im Garten zu frühstücken und auch schlicht mal zu faulenzen und bei unserem Lieblings-Straßenrestaurant in Pohkhara die Speisekarte hinauf und hinunter zu probieren. Da wir das touristische Städtchen am See jedoch vor der Wanderung schon ein paar Tage erlebten, wurde ein Blick auf die Landkarte geworfen. Im Süden, quasi zwischen Pohkara und Kathmandu gelegen, liegt der Chitwan Nationalpark. Er lockt mit einer großartigen Tierwelt und einer entspannten Atmosphäre. Leider mussten wir uns diese Entspannung hart erarbeiten. Die Hinfahrt mit dem "Tourist-Bus", der selbstverständlich weder Klimaanlage noch Wifi hatte, was uns der rasche Ticketverkäufer ein paar Tage vorher noch strahlend angepriesen hatte, zählte am Ende vermutlich zu den schlimmsten Fahrten dieser gesamten Reise. Von den angekündigten 5h wurden es am Ende 8h, die Straße war eine reinste Schaukelpartie. Insbesondere Anja zeigte hier starke Willenskraft anzukommen, da es sie leider krankheitstechnisch seit ein paar Tagen erwischt hatte. Mit einer Mischung aus Dösen, Lesen, aus dem Fenster schauen und MP3-Player hören, überstanden wir den Tag. Am Ziel in Sauhara angekommen, wurden wir positiv überrascht. Jemand vom Hotel holte uns im Jeep ab. Das Wildlife Adventure Resort (irritierenderweise "W.A.R." abgekürzt) liegt etwas außerhalb des Ortes, direkt schön am Fluss gelegen. Auf der anderen Flussseite beginnt der Nationalpark. Die Tage fliegen dahin, wir genießen die Ruhe und die Wärme. Die Recherchen für unsere nächsten Reiseziele dauern viele Stunden, aber da Anja noch weiter nicht ganz auf dem Dampfer ist, können wir auch ohne schlechtes Gewissen jeden Tag 2x dem Touranbieter des Resorts auf seine Nachfrage, ob wir denn eine Tour buchen möchten, absagen. Wir leihen uns erstmal Fahrräder, um den Weg vom Ort zum Resort einfacher zu gestalten und genießen das Radeln. Der Verkehr ist im Vergleich zu anderen Städtchen sehr beschaulich. Man sollte sich jedoch in Acht nehmen vor anderen vierbeinigen Verkehrsteilnehmern. Sie wiegen zwischen 2.000 kg und 5.500 kg, werden bis zu 3,40m hoch und sind somit dsa zweitgrößte Landtier der Erde. Die Region um den Chitwan-Nationalpark ist für ihre, na klar, Elefanten berühmt. Ob als Arbeitstiere im Wald zum Transportieren von Lasten, zur Unterstützung der Ranger im Park oder natürlich auch zur Attraktion für Touristen. Überall gibt es Elefanten und viele der Lodges und Hotels haben "eigene" Tiere. Es gibt auch eine Elefantenaufzuchtsstation, die wir mit den Rädern ansteuern. Der Eintritt ist mit 0,40 € wieder viel zu günstig, die Anlage jedoch großzügig und offen. Die Elefanten sind zwar angekettet, sehen jedoch ansonsten recht zufrieden und gesund aus, so dass wir kein schlechtes Gewissen haben. Wusstet Ihr eigentlich, dass der Rüssel bei den Vorfahren der Elefanten eher ein Schnorchel gewesen ist, um beim Tauchen Luft zu holen ? Oder das Elefanten das größte Gehirn (5kg) haben ?

Auf Empfehlung unserer Freunde Jan und Lisa, die Anfang des Jahres bereits hier waren, steuern wir dann zielgerichtet einen Touranbieter im Ort an. Sehr schnell wird klar : Die Entscheidung war goldrichtig. Die Inhaberin erklärt uns diverse Möglichkeiten, sich im Nationalpark mit Guides fortzubewegen. Und mir nix, dir nix, entscheiden wir uns für den "Jungle Walk Full Day". Herrje, wollten wir nicht Entspannung ? Und nun einen ganzen Tag lang nur mit zwei Guides unterwegs durch den Dschungel ? Ja, denn wir merken, dass wir uns auch auf die Bewegung wieder freuen.
Der Wecker klingelt um 05:30 Uhr. Wir treffen uns um 6:45 Uhr mit den Guides. Beide wirken entspannt, freundlich und haben große Bambusstöcke. Schnell noch das Lunchpaket eingepackt und schwups die wups sitzen wir im Morgennebel als erste Passagiere überhaupt im kleinen Holzkajak, welches uns über den Fluss in den Nationalpark bringt. Es folgt eine Einweisung in Verhaltensregeln, was wir tun sollen, wenn wir ein Nashorn sehen: Erstmal nichts, stehenbleiben. Nur wenn es eine Mutter mit Kind ist, wird es gefährlich. Am besten auf einen Baum klettern, hintern einem Baum verstecken oder ZickZack weglaufen und einen Rucksack zurücklassen. Ahja. Später dazu mehr. Ganz im Gegensatz dazu unsere Anweisungen, falls wir einen Slaught.Bear sehen: Ja nicht weglaufen oder irgendwo hochklettern. Zusammen bleiben und dann werden die Guides uns schon verteidigen. Mit ihren Bambusstöcken. Mhm. Irgendwo im Nationalpark gibt es auch einen wilden Elefanten, der auch noch gefährlich ist. Okay, das ist kein Kindergeburtstag mit Dschungelbuch-Musikkassette hier, das verstehen wir sehr schnell. Dass wir keine Verhaltensregeln für den seltenen Fall, dass wir einem Tiger begegnen, erhalten, werten wir mal nicht als "dann ist es eh zu spät", sondern eher als ein "kommt viel zu selten vor". Also auf gehts.

Unsere Guides führen uns auf kleinen Pfaden in den Park und wir versuchen Schritt zu halten, nicht auszurutschen und gleichzeitig nach den genannten Tieren Ausschau zu halten. Ein entspannter Morgenspaziergang fühlt sich anders an. Der Nebel liegt noch über dem nassen, unübersichtlichen Gebiet. Verschiedene frische Spuren im sandigen Untergrund zeigen jedoch deutlich, dass hier in der letzten Nacht viele Tiere den Pfaden gefolgt sind...ein Abdruck ist irgendwie katzenähnlich, nur größer...

Nach etwa 3 Stunden des Umschauens, Spuren lesens, Ausharren werden wir belohnt. Im hohen Gras, etwa 100m von uns entfernt, bewegt sich etwas. Es wittert uns und stellt die putzigen großen Ohren weit auf. Unser erstes Nashorn. Auch wenn es sich hinterm Gras etwas versteckt, so erahnen wir, wie groß und schwer es ist. Es bewegt sich langsam in unsere Richtung, so dass unsere erfahrenen Guides sich laut bemerkbar machen und das Nashorn erschrocken die Flucht ergreift

Die Sonne ist nun herausgekommen, es ist 11:00 Uhr und wir steuern einen Aussichtsturm an. Das Lunchpaket wird ausgepackt und wir genießen den weiten Blick über die Flusslandschaft vor uns. Wir dösen etwas vor uns her, beobachten Vögel und freuen uns, hier 3h zu verweilen.

Leider kreuzte aus einem Wildschwein kein Tier vor uns die Wege. Auch die Guides scheinen noch nicht ganz zufrieden mit ihrer Tier-Ausbeute an diesem Tag zu sein. Kurzerhand wird, so vermuten wir, der Plan etwas umgeworfen und uns wird vorgeschlagen, den Fluss zu überqueren, um auf der anderen Seite weiter zu gehen. Gut, dann halt eine Flussüberquerung. Ohne Schuhe und Hose. Wenigstens ist das Wasser nicht so eiskalt wie in der Mongolei vor ein paar Wochen. Einzig die Tatsache,dass in ca. 150m Entfernung ein Krokodil am Flussufer schläft, ist doch durchaus etwas beunruhigend. Wir folgen den Guides durch das hohe Gras bis plötzlich ein Handzeichen kommt. Wir bleiben stehen und lauschen. Ein Rascheln. Nicht sehr weit. Vor uns auf dem Weg kreuzt ein junges Nashorn die Spur. Irgendwo ist also die Mutter. Wie war das heute morgen nochmal  in der Gleichung  ? : "Nashorn-Mutter + Kind = Gefahr". Die Guides "bewaffnen" sich mit Steinen. Wir pirschen uns seitlich an den beiden Nashörnern vorbei hinter einen großen, umgefallenen Baum. Und erleben, was nicht viele Touristen hier erleben dürfen: Beide Nashörner kommen auf die kleine Lichtung,  futtern weiter vergnüglich das Gras, bis die Mutter sich weiter auf uns zu bewegt. Das unbekümmernde Nashorn-Kind folgt ihr. Ein paar langsame Schritte. Die Ohren sind zu uns gerichtet. Die Schritte werden schneller, beide Nashörner rennen nun auf uns zu. Noch 15m, 10m, 5m.... Wir sind hinter dem großen Baum sicher, die Guides klopfen mit ihren Bambusstöcken darauf, rufen und werfen einen Stein. Beide Nashörner drehen ab und rennen davon. Was für ein Abenteuer. Mit Herklopfen geht es weiter.  Wir durchstreifen eine "dangerous zone" und treffen 20min später erneut auf ein Nashorn im hohen Gras, was die Witterung aufnimmt. Auch hier helfen Rufen und Stöcke, um es zu vertreiben. So langsam merken wir, dass es bereits ein langer Tag war. Die Sonne neigt sich und vor uns taucht ein stolzer Pfau mit seinem großen Federkleid auf. Zu allem Überfluss liegt dann im letzten Fluss, welchen wir nochmals durchwaten müssen, noch ein weiteres, ausgewachsenes Nashorn im Wasser. Wir wählen eine andere Stelle und mit dem Sonnenuntergang erreichen wir glücklich und zufrieden nach einem langen Tag im Dschungel wieder die kleine Stadt. Die "Rhino-Tour" ist beendet und der Besuch im Chitwan-Nationalpark hat sich wirklich gelohnt.

Auf der Rückfahrt nach Kathmandu erleben wir erneut die nepalesische Transportpolitik. Es gibt genau einen Minibus-Anbieter in einer Drogerie, der um 4:30 Uhr morgens losfährt. Dementsprechend stehen wir um 4:00 Uhr auf, sind um 4:28 Uhr am Treffpunkt und : Überraschung, es geht sogar los. Aber natürlich noch nicht mit einem Minibus, sondern mit einer kleineren luftigen Version a la größere motorisierte Rikscha. Nach gut einer Stunde sind wir dann am Minibus, um das übliche "spontan Leute am Wegesrand einsammeln" wieder mit zu erleben. Erfahren, wie wir nun sind, haben wir 3 Plätze gebucht, die Rucksäcke sind somit im Bus und nur die große Reisetasche kommt aufs Dach, wo sie weiter einstauben wird. Im Laufe des Tages haben wir es jedoch nicht bereut, diesen Minibus zu nehmen. Die schlechte Straße nach Kathmandu mit einer Engstelle auf halber Strecke ist auch eine der Hauptverbindungen zwischen Indien und Nepal. Neben unzähligen, farbenfrohen LKWs stecken dann dort auch geschätzt 100 - 150 Reisebusse im Stau fest. Wir wissen nicht, wielange die Passagiere darin schon unterwegs sind, sind aber heilfroh, dass wir einen guten Fahrer haben, der sich unter Missachtung aller Verkehrsregeln quirlig und geschickt an dem sicherlich 20km langen Dauer-Stau auf der engen Straße vorbeischlängelt. Nach 9h erreichen wir dann endlich Kathmandu, wo wir vor 5 Wochen aufbrachen, um die Berge und die Abenteuer dieses Landes zu erleben. 

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Kommentare: 2
  • #1

    paps (Dienstag, 19 Dezember 2017 12:33)

    Wie eine Reportage von Dr. Grzimek im TV ! Wer wird Euer Buch- Verleger Eures Reiseberichtes ?

  • #2

    Glücksreisende (Mittwoch, 20 Dezember 2017 06:54)

    Das wissen wir noch nicht - die Zukunft wird es zeigen ;-)