China hat uns so manches Schmunzeln, Verwundern und Stirn runzeln, Interpretieren, Lachen, Augen rollen und mitunter auch Unverständnis entlockt. Lest und seht selbst!
1. "No spitting".
Spucken, Rotzen und Schleim entsorgen gehört in China einfach dazu. Egal ob Mann oder Frau, ob schick oder schmuddelig. Statt die Nase zu putzen (kennen die Chinesen nicht), wird der Schleim einfach durch den Rachen in die Mundhöhle befördert und dann ausgespukt. Bevorzugt auf die Straße. Ist die betroffenen Person grad nicht auf einer solchen, dann auch gerne in Blumenkübel, Mülleimer oder andere Behälter. Wir finden's widerlich.
2. Schlürfen. Schmatzen. Tischmanieren.
Letztere scheint bei den meisten Chinesen nicht sehr ausgeprägt zu sein - zumindest im Sinne von europäischer/westlicher Tisch-Etiquette. Das Essen mit den Stäbchen bedingt, dass der Kopf nah
über die Schüssel gebeugt (oder die Schüssel zum Mund geführt) wird. Nudelsuppe mit Stäbchen? Funktioniert schon. Irgendwann sind alle Nudeln und auch die Soße einverleibt. Die obligatorische
Landkarte auf dem T-Shirt und ein bekleckerter Tisch sind dabei fast unabdingbar,
In Sachen Tisch-Etiquette punktet China aber dahingehend, dass Essen eine unglaublich soziale Angelegenheit ist: Essen mehrere Personen zusammen, so werden verschiedene Gerichte bestellt,
die in der MItte des Tisches platziert werden und dann wird a la Tapas alles geteilt. Ein wunderbarer Ansatz, von dem wir uns in Deutschland gerne mehr abgucken dürfen, wenn jeder vor
"seinem" Schnitzel-Teller sitzt.
3. Essen.
In China kommt alles in die Pfanne und den Pott. Und alles scheint auch irgendwelche Abnehmer zu finden. Wir essen fast immer vegetarisch - da weiß man in China auch nicht immer was man hat (zu
viele uns unbekannte Gemüse, Soßen und Gerichte), aber zu 95 Prozent lecker und wirklich schmackhaft. Da können wir gut und gerne auf die Hühnerfüße, zappelnde Skorpione, (noch) lebende
Krokodile, Esel-Burger, Hundefleisch und die Eingeweide dieser Welt verzichten, auch wenn diese ganzheitliche Verwertung ökologisch sinnvoll sein mag. Für uns ist es nichts.
überrascht sind wir über die internationale Auswahl an Bieren in den Kühlschränken der kleinen Lädchen: Dresden lässt mit Feldschlösschen lässt grüßen.
4. Sicherheit und Polizeistreife.
U-Bahn- und Zugfahren ist nur nach Passieren der Sicherheitskontrolle (Scan des Gepäcks, Körperkontrolle) möglich. Anfangs finden wir (vor allem in der U-Bahn) das Prozedere befremdlich - mittlerweile gehört es dazu. Polizei, Security und Sicherheitspersonal ist vor allem in den Städten und an den großen Sehenswürdigkeiten allzeit präsent. Wenn die Polizisten in den Pekinger Hutongs auf ihren Diensträdern an uns vorbeiflitzen, dann können wir über die harten Kerle auf den mit Rundumleuchten ausgestatteten Elektrorollern und Fahrrädern, eher Schmunzeln als vor Ehrfurcht auf die Knie zu fallen.
5. Kommunistische Vollbeschäftigung.
Tagtäglich (zumindest wenn wir in Städten sind) sehen wir Menschen in oranger Montur, die mit mit der Hand zusammengebundenen Reissigbesen die Straßen fegen und Müll aufsammeln. Kehrmaschinen scheint es in China nicht zu geben. Ein Hoch auf die Vollbeschäftigung!
6. Lärm.
Viele kleine Menschen machen viel Lärm. Warum das immer notwendig ist, haben wir nicht durchschaut, aber vermutlich puscht man sich gegenseitig. Zum Anpreisen von Waren und Dienstleistungen werden bevorzugt Lautsprecher und Megafone eingesetzt.
7. Drängeln.
8. Smartphones.
Ohne Smartphone, Selfie-Stick und We-Chat scheint kein Chinese mehr lebensfähig zu sein. Nonstop wird getickert, fotografiert und über We-Chat (das chinesische Pendant zu What's App)
kommuniziert. Gerne hätten wir gewusst, wie es diesbezüglich wohl noch vor ein paar Jahren ausgesehen hat ... Haben die Menschen binnen so kurzer Zeit verlernt, mit Auge, Herz und Verstand durchs
Leben zu gehen?!
Per We-Chat kann man in China übrigens auch Einkaufen gehen und bargeldlos bezahlen, selbst beim kleinsten Obsthändler an der Straße. Wir sind froh, auch noch mit Münzen und Noten bezahlen
zu können. Wann wird dieser Schritt in Mitteleuropa Einzug halten?
9. Analphabeten.
Im Dschungel der chinesischen Schriftzeichen haben wir vor allem am Anfang ganz schön hilflos gefühlt. Jetzt - am Ende unserer China-Reise - können wir zwar noch genau so wenig lesen wie am Anfang (nämlich gar nichts), haben uns aber daran gewöhnt. Zum Glück gibt es on- und offline Übersetzungsprogramme, die uns beim Bestellen von Essen oder beim Fragen nach einem öffentlichen Verkehrsmittel weiterhelfen. Besonders hilfreich war eine Funktion bei Google-Translate, mit der man chinesische Schriftzeichen abfotografieren und anschließen übersetzen lassen konnte. Diese Funktion hat uns vor so manch kulinarischer Herausforderung bewahrt.
10. Stereotype Antworten.
Wenn wir von Hostel-Mitarbeitern Antworten auf unsere Fragen bekommen (Wie kommen wir mit den Öffis am besten zum Ziel der Begierde?), dann sind wir ziemlich froh, denn die Orientierung in den öffentlichen Bussen fällt aufgrund der Sprachbarriere eher schwer. Ohne eine grobe Orientierung ist der richtige Bus nicht zu finden. Als wir zum wiederholten Male in Vorbereitung auf eine Fahrt von A nach B am Sonntag-Morgen mit dem Hinweis "Viel Verkehr" versorgt werden, da haben wir das Gefühl, dass unsere Gegenüber das auswendig gelernte herunterbeten, nicht aber darüber nachdenken, was denn für ein Wochentag ist, Ja - auch in China ist der Sonntag für die meisten ein Ruhetag. Und Sonntag-Morgen sind die Straßen in der Regel leer. Schaltet eure Köpfe ein! Denken ist erlaubt! (Ihr merkt schon, wir werden ungeduldig mit den folgsamen Chinesen)
11. Englisch.
Fremde Sprache, schwere Sprache. Wir sind überrascht, wie wenig Chinesen ein paar Brocken Englisch sprechen. Wobei es hier eine Sache der Perspektive ist. Wenn du auf eine Welt-Party mit 100 Gästen gehst, könnten 17 davon den Fruchtpunch und die angebotenen Snacks auf Chinesisch diskutieren. Sechs Anwesende könnten sich über die Playlist des DJs auf Spanisch unterhalten und nur fünf der Gäste könnten auf Englisch plaudern, während sie in der Warteschlange vor dem Bad stehen. Vier Hindi-Sprechende sitzen am Tisch, drei Gäste könnten Manus Portugiesisch verbessern, zwei würden sich über Anjas Russisch-Kenntnisse freuen. Die beiden Japaner schlürfen Tee zusammen. Die restlichen 55 Gäste der Party haben niemanden, mit denen sie sich in ihrer Muttersprache austauschen können und schauen etwas neidisch auf die 17 Chinesen.
12. Wiese.
Während Anja von Australien Schilder im Sinne von "Zieht die Schuhe aus und lauft auf dem Gras. Umarmt die Bäume und fühlt das Leben" kennt, ist es in China ein Faux-Pas, eine Wiese in einem öffentlichen Gelände betreten zu wollen. Kleine Zäune grenzen das Grün von den betonierten Fußwegen ab. Betreten verboten. Finden wir sehr schade und wenig einladend.
13. Gedränge.
In China leben ca. 1,4 Milliarden Menschen. Während der Goldenen Woche Anfang Oktober (1 Woche Urlaub für alle) sind 710 Millionen Menschen unterwegs, 130 Millionen nutzen die Bahn. Wir waren in
diesem Jahr mitten drin im Getümmel...
Chinesische Top-Sehenswürdigkeiten wir der Sommerpalast oder die Verbotene Stadt in Peking, die Terracotta-Armee in Xian oder die Panda-Aufzucht-Station in Chengdu sind infrastrukturell dafür
ausgelegt, täglich mehrere zehntausend Besucher durchzuschleusen. Von diesen Zahlen mögen deutsche Touristiker wohl träumen. In China denkt man groß und wir haben uns mehr als einmal gefragt, ob
wohl die Besucherlenkung und/oder die Ankurbelung des Staathaushaltes einen höheren Stellenwert hat.
14. Tiere.
Wir haben sehr Gegensätzliches beobachtet: Während die einen ihre Katzen am Halsband Gassi führen und den Hunden den Hintern abwischen, werden Tiere anderswo gequält und für die allgemeine Belustigung und Unterhaltung missbraucht: Mini-Schildkröten in kleiner Kapsel kosten im Straßenverkauf gerade mal 10 Yuan pro Stück (Ca. 1,20 €). Zielwerfen nach Kaninchen, Kanarienvogel. Goldfisch und Co. erheitert ganze Familien. Wie es den Tieren dabei geht? Das scheint niemanden zu interessieren. Warum auch ...!?
15. Spiele/Freizeit.
Chinesen verbringen ihre Freizeit gerne in Gesellschaft und draußen in der Öffentlichkeit. Es wird gespielt (Männer und Frauen meist getrennt), gesungen (in Gruppen und Chören zum Beispiel im Park nördlich vom Kohlehügel in Peking), getanzt (Paarweise und Solo) und gesportelt (Qi-Gong, Stockkampf, öffentliche Fitnessgeräte). Wenn wir auf solche Gruppen treffen, dann geht von den Beteiligten immer eine Freude und Gelassenheit aus, hier treffen sich Menschen, um in der Freizeit gemeinsam einem Hobbie nachzugehen. All die Angespanntheit und die Härte, die den Chinesen sonst aufgebürdet zu sein scheint, ist wie weggeblasen.
16. Smog.
Wir können die graue Tristesse nicht mehr ertragen. Wo ist die Sonne? Wie halten es die Menschen, die hier leben bloß aus? Die meisten Tage, die wir während unserer Reise durch das Land der
Mitte, in Städten (Peking, Pingyao, Xian, Chengdu) verbrachten, haben wir die Sonne nicht zu Gesicht bekommen. Zu diesig war es und es schlägt uns definitiv aufs Gemüt.
17. (Groß)baustellen.
Die Chinesen sind Weltmeister im Bauen. Kein Dorf und keine Stadt scheinen "fertig" - wohin man blickt, wird gewerkelt und gebaut. Ob all die gerippigen Hochhäuser tatsächlich irgendwann mal von Menschen bewohnt werden, können wir uns irgendwie nicht vorstellen, aber der Bedarf nach Wohnraum ist nach wie vor groß. Im südlichen China haben wir über die abenteuerlichen Gerüstkontruktionen aus Bambus nicht schlecht gestaunt - eine Wissenschaft für sich!
18. Shopping.
Prada und Apple meet Fake-Fjällraven. In China können Einkaufsfreudige alles und nichts bekommen. Nachgemachtes gibt's im Überfluss, ebenso Originales. Freunde von Antik und Trödel werden in China sicher auch fündig - ob sich mittlerweile schon ein Liebhaber für den strassbesetzten Schädel (gesehen auf einem Flohmarkt in Peking) gefunden hat?
19. Google.
Alles, was mit Google und Facebook zu tun hat, ist in China gesperrt. Das WWW wird streng limitiert. Haben wir vor unserer Einreise zwar gewusst, aber auch What's App ist seit gut einem Monat gesperrt. Wir merken selbst, wie nützlich all die Dienste insbesondere auf Reisen sind - früher ging es zwar auch, aber vermutlich deutlich anstrengender. Die Lösung für China war für uns einen kostenpflichtigen VPN-Dienst ("Zenmate") im Vorfeld auf unseren Handys zu installieren. Klappte meist ganz gut, wobei natürlich die Geschwindigkeit sinkt, wenn man China vorgaukelt, man würde in Finnland oder Bulgarien hocken und gerne Google nutzen wollen.
20. Öffentliche Toiletten.
Gibt es in den Wohnvierteln in den Städten fast überall (wie praktisch) - allerdings ist der Standard eher gering. Ein Loch im Boden, meist (jedoch nicht immer) mit Abtrennung zwischen den einzelnen "Löchern", manchmal mit Tür. Der Gang zur Toilette hat so etwas sehr Soziales. Wir Blondschöpfe werden von den Locals meist nur erstaunt angeguckt. Wir witzeln: So lernt sich die Nachbarschaft schnell kennen. Hintergrund der öffentlichen Toiletten ist, dass viele Altstadtviertel nicht über separate sanitäre Einrichtungen in den den Häusern/Wohnungen verfügen.
21. Wenn Kinder mal müssen.
Mit den Bedürfnissen der Kleinkinder wird in China ganz ungezwungen umgegangen. Wie praktisch sind doch die Hosen, die zwischen den Beinen einfach einen Schlitz und einen ausgesparten Popo haben. Spart das Ausziehen, wenn die Kinder mal ein Bedürfnis haben. Windel wechseln wird übrigens auch mal im städtischen Bus gemacht. Vier- bis sechsjährige pinkeln dahin, wo sie gerade stehen, wenn sie mal müssen. Das Schamgefühl in Bezug auf Kleinkinder scheint in China nur wenig ausgeprägt zu sein.
Ein Monat im Reich der Mitte - auch nach nach gut vier Wochen ist uns China irgendwie noch ein Buch mit sieben Siegeln. Obwohl wir die geordneten Straßenverhältnisse und das chinesische System von Ordnung und Sicherheit wahrscheinlich in den kommenden Wochen auch mal vermissen werden, so sind wir froh, morgen früh ins Flugzeug nach Kathmandu zu steigen: Von Chengdu nach Kathmandu (mit Zwischenstop in Lhasa) - Nepal wir freuen uns auf dich! (Und sind schon ganz zapplig, ob wir denn wohl einen Fensterplatz mit Bergsicht ergattern werden - wie oft im Leben fliegt man schon über den Himalaya?)
Kommentar schreiben